An einem Morgen wieherte es vor unserer Grundstücksmauer. Ich liess die Hunde aus dem Haus und ein grosses Gebell war die Folge.

Was war denn das los?

Ich schaute hinunter zum Eingangstor. Täume ich oder waren meine Augen noch nicht ganz geöffnet, dachte ich. Vor dem Tor stand ein Pferd.

Da die Hunde nicht aufhörten zu bellen rief ich sie ins Haus zurück.

Ich ging nochmals nach draussen, da stand wirklich ein Pferd, aber bewegte sich nicht.

Hat sich da jemand einen Spass erlaubt?

Schnell ging ich zum Tor hinunter. Jetzt bewegte das Pferd seinen Kopf und auch der Schweif setzte sich in Bewegung.

 

Angst habe ich von Pferden nicht, aber ein riesengrossen Respekt. Das resultierte aus meiner Versicherungszeit bei der Allianz in Stuttgart. Wir von der Orga S verkauften nicht nur Lebensversicherungen sondern auch alle sonstige Versicherungsarten. Da wir in diesen Versicherungssparten uns nicht so gut auskannten, nahmen wir dazu einen Spezialisten mit. In meinem Bezirk war dies Rainer Blöchle.

Wir hatten einen Termin bei einem Gestüt bei Stuttgart für Dressurpferde. Der Besitzer war gerade mit dem Hufschmied in einer Pferdebox.

Als er uns sah kam er gleich aus der Box und ging mit Rainer ins Büro. Ich dachte mir, schau dir doch mal an wie der Hufschmied das macht.

Auf einmal rief der Hufschmied mir zu, ich sollte den grünen Mantel anziehen und in die Box kommen um ihm kurz zu helfen.

Kurz entschlossen betrat ich die Pferdebox. Es war ein riesengrosser Hengst. Ich sollte das Hinterbein des Pferdes festhalten. Dies gefiel dem Hengst gar nicht und schlug wie wild um sich.

Zum Glück kam der Gestütsbesitzer in diesem Moment zurück in die Box. Rainer lachte laut, als er mich leichenblass in der Box sah. Seither habe ich so einen grossen Respekt vor Pferden.

 

Nun öffnete ich das Eingangstor. Das Pferd rührte sich nicht von der Stelle.

Was sollte ich nun tun?

In diesem Moment kam ein Jogger an dem Tor vorbei. Wissen sie wem das Pferd gehört?

Keine Ahnung hier gibt es keine Pferde. Aber 8 km von hier in Leganel hat eine Madrider Familie einige Pferde.

Ohne sich zu verabschieden rannte er weiter. Besten Dank für die Auskunft, rief ich ihm nach.

 

Zurück im Haus trommelte ich alle Familienmitglieder zusammen. Wir schauten dann zum Tor hinuter, wo das Pferd stand.

Was sollen wir tun?

Wir rufen die Polizei an, damit sie das Pferd mitnehmen, war eine Antwort.

Wisst ihr, sagte ich, wenn das Pferd dirket zu uns gekommen ist, muss dies eine Vorhersehung sein.

Du immer mit deinen Philosophien. Das Pferd steht vor dem Tor, uns gehört es nicht, also muss es weg, wurde mir barsch erwidert.

 

Haben Pferde auch einen Erkennungschip wie die Hunde? Fragte ich in die Runde.

Rufen wir mal den Tierarzt an. Wir können dann auch vielleicht erfahren, ob ein entlaufendes Pferd gesucht wird.

Der Tierarzt war nicht da. Seine Frau teilte uns mit, dass ihr nicht bekannt ist, dass ein Pferd gesucht wird. Ihr Mann würde morgen zu uns kommen. Wir sollten mal bei der Polizei anrufen, ob eine Vermisstenanzeige vorliegt.

Der Polizeibeamte teilte uns dann mit, dass keine Anzeige vorliegt.

 

Was unternehmen wir jetzt?

Wenn das Pferd von niemand gesucht wird, könnten wir es ja in unserer Finca mit aufnehmen, aber vorher sollte der Tierarzt das Pferd untersuchen, meinte Julia.

Ich denke, sagte ich, wir binden das Pferd ans Tor an, damit es heute Nacht nicht auf der Strasse umherwandert und dadurch vielleicht einen Autounfall verursacht.

Luis sagte, das übernehme ich. Julia sagte noch zu ihm: Nimm einen Eimer voll Wasser mit, vielleicht hat das Pferd Durst.

 

Am nächsten Tag morgens kam der Tierarzt und untersuchte das Pferd.

Ein Erkennungschip kann ich nicht feststellen. Aber das Pferd ist sehr alt, die Zähne sind ganz schlecht bzw. sind schon ausgefallen. Eigentlich ist dies ein Fall für eine Schlachtung, meinte der Tierarzt.

 

Nein, nein riefen wir alle. Geschlachtet wird das Pferd nicht. Es darf zu uns auf die Finca kommen.

Wie ihr wollt, sagte der Tierarzt.

Als das Pferd in der Finca war, bellten die Hunde das Tier nicht mehr an, sondern hielten respektvoll Abstand. Wir kauften Heu, ansonsten graste das Pferd immer im unteren Teil der Finca und kam nie zum Haus hoch.

 

Nach ca. 2 Wochen lag das Pferd am Morgen tot unter dem Apfelbaum.

Alle waren wir traurig, denn wir hatten uns schon so sehr an das Tier gewöhnt.

Ich denke wir haben alles richtig gemacht, denn wie sagt man doch: Verweigere niemand Essen und Trinken zu geben, ob Mensch oder Tier, denn du weisst nie, ob es Jesus ist.